HACCP – Pflicht oder Kür?

Lebensmittelsicherheit wird ein immer größer werdendes Thema – bei den Verbrauchern ebenso wie bei den Erzeugern.  Um dafür zu sorgen, dass Lebensmittel sicher und gesundheitlich unbedenklich sind, existiert ein System an Vorschriften, das auf EU-Recht basiert. Es gilt für die gesamte Lebensmittelkette „vom Acker bis zum Teller“, also vom Landwirt auf dem Getreidefeld bis zum Gastronomen oder Lebensmittelhändler. Sie alle sind eigenverantwortlich für die Lebensmittelsicherheit. Zum rechtlichen Pflichtprogramm gehört für die Verantwortlichen die HACCP-Pflicht. Hier gibt es aber Ausnahmen, die insbesondere die Landwirtschaft als Primärerzeuger betreffen. Insofern stellt sich die Frage: Bin ich als Landwirt HACCP-pflichtig oder ist das HACCP-Konzept nur eine freiwillige Kür?

Die Grundlagen

Basis ist das in allen Mitgliedstaaten geltende EU-Lebensmittelhygienerecht, das schon am 20.5. 2004 in Kraft trat. Es ersetzte das bis dato geltende nationale Hygienerecht für Lebensmittel sowie das der einstigen EG. Aus einer Vielzahl von Einzelregelungen, wie z.B. der Hackfleischverordnung, wurden drei Verordnungen und eine Richtlinie. En gros wurde die Verantwortung auf alle übertragen, die an der Lebensmittelherstellung wie deren Verbreitung von Lebensmittel beteiligt sind. Und zwar als sogenannte „unternehmerische Eigenkontrolle“.

Die Pflichten

Diese unternehmerische Eigenkontrolle soll erreicht werden durch ein funktionierendes HACCP-System. HACCP ist die Abkürzung von Hazard Analysis and Critical Control Points (Gefahrenanalyse und Festlegung von Lenkungspunkten) und entstand im Rahmen der bemannten Raumfahrt, um die einwandfreie Verpflegung der Astronauten sicherzustellen. Die Plichten aus dem HACCP-System zielen – wie schon gesagt – nicht nur auf ein einwandfreies Endprodukt, sondern auch auf einen sicheren Entstehungsprozess. Wichtigstes Stichwort dazu ist das „Vorsorgeprinzip“. Das bedeutet, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf jeder Stufe des Herstellungsprozesses aufgespürt und konsequent abgestellt werden müssen. Darüber hinaus wird die Durchführung spezieller Hygieneschulungen für Mitarbeiter verlangt. All das unterliegt zudem noch einer Dokumentationspflicht, bei der alle relevanten Umstände schriftlich erfasst werden müssen.

Das HACCP-Konzept

Wesentlich bei jedem HACCP-Verfahren sind sieben Schritte, die abgearbeitet werden müssen. Mit diesem Verfahren kann der Unternehmer Risiken im Zusammenhang mit Lebensmitteln identifizieren und erhält eine klare Struktur zu deren Vermeidung. Diese sieben Schritte sind:

  • efahren analysieren
    Dabei geht es darum, Gefahren zu ermitteln, die vermieden, ausgeschaltet oder auf ein akzeptables Maß reduziert werden können.
  • kritische Kontrollpunkte identifizieren
    Darunter versteht man die Punkte innerhalb des gesamten Produktionsprozesses, bei denen man eingreifen kann, um Gefahren auszuschalten. Sie sind bekannt als CCP (Critical Control Points).
  • Grenzwerte festlegen
    Hierbei müssen für jeden CCP Grenzwerte festgelegt werden, die nicht überschritten werden sollten.
  • Überwachungssystem einführen
    Die Überwachung der Lenkungspunkte ist dazu da, um Abweichungen von den jeweiligen Sollwerten zu finden.
  • Korrekturmaßnahmen
    Es geht darum, die Korrekturmaßnahmen festzulegen, die durchzuführen sind, wenn ein oder mehrere CCP von den Grenzwerten abweichen.
  • Verifizierung
    Darunter versteht man die Überprüfung, ob das System erfolgreich arbeitet. Es wird geprüft, ob der Herstellungsprozess sicher ist und die richtigen Lenkungspunkte festgelegt worden sind.
  • Dokumentation
    Hier wird der komplette Prozess, also die vorherigen sechs Punkte, aufgezeichnet. Dies kann anhand von Checklisten manuell oder digital geschehen. Die Dokumentation sollte man ca. zwei Jahre aufheben, um der Überwachungsbehörde eine Kontrolle zu ermöglichen.

Nun auch noch PRP?

Im Jahr 2016 hat die EU-Kommission mit einer „Bekanntmachung zur Umsetzung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit“ den neuen Begriff PRP (Prerequisite Programs) eingeführt. Nun soll es nicht mehr ausreichen, nur die kritischen Kontrollpunkte zu definieren. Jetzt sollen auch noch die PRP eingehalten werden. Darunter sind Grundvoraussetzungen bzw. Präventivmaßnahmen zu verstehen, die beispielsweise die Infrastruktur (bauliche Beschaffenheit und technische Anlagen), Schädlingsprävention, Wartung, Kontrollen von Luft und Wasser oder die Temperaturüberwachung der Lager betreffen. Aber keine Sorge! Diese Bekanntmachung ist lediglich  als Leitfaden zu verstehen – und damit auch keine Verordnung, die umzusetzen ist.

Ebenfalls wichtig zu wissen: Ab dem 14. Dezember 2019 gilt überwiegend eine neue EU-Kontroll-Verordnung, die die bisherige Verordnung ablöst. Darin werden die grundsätzlichen Anforderungen an den Aufbau und die Durchführung der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen innerhalb der EU für alle Mitgliedstaaten verbindlich festgelegt. Laut Landwirtschaftskammer NRW werden sich daraus vor allem Änderungen für die Arbeit und die Überwachung der Behörden ergeben. Änderungen in Bezug auf die Einführung eines HACCP-Konzeptes bzw. die Ausweitung auf den Primärsektor sind aber nicht enthalten.

Wer muss, wer kann?

Ausnahmen bestätigen die Regel! Das gilt auch für die HACCP-Pflicht. Und zwar in punkto Landwirtschaft. Der Landwirt gilt nämlich als sogenannter Primärerzeuger – und ist als solcher zunächst einmal von der HACCP-Pflicht ausgenommen. Was allerdings nun nicht heißt, dass der Landwirt gar nichts zur Hygienesicherung beitragen muss. Bei ihm müssen unter dem Stichwort „gute fachliche Praxis“ gute Verfahren vorhanden sein, die zur Anwendung einer geeigneten Hygienepraxis in seinem landwirtschaftlichen Betrieb beitragen. Die wird behördlich kontrolliert. Das gilt auch für Schweinemäster. Auch hier muss eine angemessene und geeignete Hygiene eingehalten werden, um die Tiergesundheit sowie sichere und qualitativ hochwertige Produkte zu gewährleisten.

Anders sieht das aus, wenn ich als Landwirt direkt verkaufe, beispielsweise Eier, Rohmilch, Geflügel oder Getreide. Dann gelten die Bestimmungen der Lebensmittel-Rahmenverordnung für „Lebensmittelunternehmen“ und „Inverkehrbringen“. Angemessene betriebliche Eigenkontrollen einschließlich der notwendigen Dokumentation sowie Verfahren zur Lebensmittelsicherheit auf Grundlage der HACCP-Grundsätze sind dann verpflichtend. Insbesondere, wenn empfindliche und leicht verderbliche Lebensmittel, wie zum Beispiel Rohmilch und Geflügelfleisch, angeboten werden, sind entsprechende Kontroll- und Vorbeugemaßnahmen zwingend erforderlich. So gibt es im Umgang mit diesen Lebensmitteln auch besondere Anforderungen an die Kennzeichnung der Produkte oder Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes. Wobei es keine Rolle spielt, ob man seine Produkte direkt verkauft oder sie unentgeltlich abgibt.

Regelung für Futtermittel

Speziell geregelt ist auch die HACCP-Pflicht für Futterproduzenten. Futtermittelunternehmen sind nämlich laut Futtermittelhygieneverordnung alle, die an der Erzeugung, Herstellung, Verarbeitung, Lagerung, Beförderung und dem Vertrieb von Futtermitteln beteiligt sind. Das gilt auch für Landwirte, die Futtermittel zur Fütterung im eigenen Betrieb erzeugen, verarbeiten und lagern. Grundsätzlich ist für Futtermittelunternehmen die Einführung eines HACCP-Systems verpflichtend.

Es gibt aber Ausnahmen! Zum Beispiel für die Futtermittelprimärproduktion, wenn betriebseigenes Futter für den eigenen Bedarf eingesetzt wird und durch Zukauf keine Zusatzstoffe oder Zusatzstoff enthaltende Vormischungen verwendet werden. Einfacher ausgedrückt: Wer in seinen Eigenmischungen Mineralstoffe oder andere Zusätze verwendet, ist HACCP-pflichtig. Wer ohne Zusätze mischt, muss das HACCP-Verfahren nicht anwenden.

Um den komplexen Anforderungen und Ausnahmeregelungen gerecht zu werden, haben das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft einen gemeinsamen Leitfaden zur Registrierung von Futtermittelunternehmen entwickelt. Dort ist auch jeweils hinterlegt, ob ein HACCP-Konzept notwendig ist. Näheres unter: https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/tierproduktion/schweinehaltung/fuetterung/futtermittelhygiene.htm

Absicherung durch HACCP

Letztendlich sollte man HACCP als ein hilfreiches Instrument zur Qualitätssicherung seiner Produkte betrachten. Denn mit dem HACCP-System sind Sie auf der sicheren Seite. Wer in seinem Betrieb die Anlagensteuerung und das Monitoring ohnehin auf digitale Beine stellen will, sollte daher über die Integration eines HACCP-Programms nachdenken. Entsprechende Produkte finden Sie bei NEUERO unter Steuern und Monitoring. 

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